eco
24.10.2018

China peilt Marktführung bei Innovationen an

eco Vorstandsvorsitzender Oliver Süme informierte sich im Rahmen der FutureBoard-Delegation der WirtschaftsWoche über die Fortschritte der Digitalisierung in China. Auf dem Programm stand auch der Besuch von Technologieunternehmen in Peking und Shanghai.

Vorbei sind die Zeiten des Images als Billiglohnland mit Fokus auf Imitationen für den Massenmarkt. Stattdessen erlebt China eine umfassende, regierungsgesteuerte Digitalinitiative mit dem Ziel, Innovationsmarktführer „Made in China 2025” zu werden.

Bezahlt wird in China bereits heute fast ausschließlich mit dem Handy, egal ob Rechnungen, Brötchen oder ein Auto – und teilweise reicht dafür auch die Gesichtserkennung. Verkehrsdelikte werden mithilfe allgegenwärtiger Kameraüberwachung direkt auf Großleinwänden angeprangert. Firmen haben nicht länger Webseiten, sondern informieren per QR-Code in WeChat-Apps. Um zu verstehen, wie dieser Wandel vonstattengeht und wie das digitale Ökosystem funktioniert, nahm eco Vorstandsvorsitzender Oliver Süme auf Einladung der WirtschaftsWoche im September 2018 an der FutureBoard-Delegation „Power of a Billion – Innovation Made in China“ teil. Insbesondere der Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) stand dabei im Fokus, denn obwohl die USA bei KI führend sind, holt China rasant auf und will auch hier bis 2030 Weltmarktführer werden.

Neun der 20 Top-Internetfirmen weltweit stammen mittlerweile aus China. Über 770 Millionen Chinesen nutzen Internet – 97,5 Prozent davon mobil. Dies birgt ein unglaubliches Marktpotenzial, was Firmen wie Tencent, Baidu und Alibaba.com zu nutzen wissen. „Für Deutschland bedeutet das, dass wir uns intensiv mit China als Wirtschafts- und Innovationsstandort auseinandersetzen sollten. Die dort erfolgreichen nationalen Lösungen und Plattformstrategien werden auch international Fuß fassen und globale Standards verändern“, sagt Süme.

In China geht vieles anders

Auftakt der Reise war ein Besuch bei Huawei in Peking. Der zweitgrößte Smartphone-Hersteller möchte Samsung die Führungsposition streitig machen. Ein für 2019 geplantes 5G-Smartphone könnte weltweit Standards für 5G-Technologie setzen. Mit dem Cloud-System „Ocean Connect” bietet Huawei vielfältige Zusatzangebote, um das Geschäft zu maximieren. Ob namhafte Partner in Wirtschaft und Wissenschaft, Kunden und Lieferanten – schon jetzt hat Huawei auch ein wichtiges Standbein in Deutschland.

Ein weiterer Halt auf der Reise war das Headquarter von JD.com in Peking, in dem 17.000 Menschen arbeiten. Chinas größter Online- und Offline-Händler ist auf Platz 17 der Top-20-Internetfirmen weltweit. Das Geschäftsmodell beruht quasi auf einer Kombination von Amazon und DHL. Die dahinter liegende Infrastruktur deckt 99 Prozent des Landes ab, 90 Prozent der Lieferungen erfolgen noch am Tag der Bestellung. Hierfür werden bereits unter anderem Drohnen eingesetzt. Angestrebte Ziele wie VR/AR-Einkäufe und eine „Retail as a Service”-Plattform sind auf Kunden weltweit ausgerichtet.

Zudem besuchte die Delegation megvii, einen auf Gesichtserkennung auf Basis von Machine Learning spezialisierten Hersteller. Dessen Software sorgt zum Beispiel dafür, dass die über 500 Millionen Nutzer des mobilen Bezahlsystems Alipay per Gesichtserkennung einkaufen können.

Immer wieder gab es während der Reise auch Elemente, um den vertrauensvollen thematischen Austausch untereinander und den Aufbau eines hochkarätigen Netzwerks zu fördern. Gezielte Vorträge boten Hintergrundinformationen und wichtige Denkanstöße. Dazu gehörte etwa die Pop-Up Lecture durch Stefan Justl von Storymaker über das chinesische digitale Ökosystem und Trends und Chancen für deutsche Unternehmen. Gesprächsrunden mit wichtigen Innovatoren gaben wertvolle Einblicke, beispielsweise mit Georg Stieler, der als Experte für IT, Robotics & Artificial Intelligence, insbesondere auch für die chinesische Automationsindustrie, gilt.

Die Wirtschaftsdelegation konnte außerdem weitere wertvolle Eindrücke gewinnen beim Besuch von Accenture, Sinovation Ventures, der Auslandshandelskammer Shanghai, GINMON & LIQEASE, Hotnest, Fosun, KUKA, NIO, sensetime und dem SAP LAB in Shanghai. Vom Wagniskapital-Fond über das weltweit am höchsten bewertete KI-Startup bis hin zu Robotik, Maschinenbau und E-Auto waren vielfältige IoT und Industrie 4.0T Themenbereiche abgedeckt. „Die Marktmacht komplett eigener Ökosysteme wie etwa WeChat mit einer Milliarde aktiver Nutzer im Monat, die riesigen Datensammlungen bei zum Teil niedrigem Datenschutzbewusstsein, die auch zur Überwachung und Kontrolle eingesetzt werden – viele dieser Dinge wären in Deutschland aufgrund eines grundlegend anderen politischen Systems und rechtstaatlich geformter Rahmenbedingungen undenkbar. Aber wenn Deutschland global wirtschaftlich nicht den Anschluss verlieren will, müssen wir uns auf deutsche Kernkompetenzen besinnen und dort KI und Digitalisierung besonders vorantreiben, wo anderen Ländern das Know-how fehlt, zum Beispiel in industriellen Anwendungsbereichen. Die Bundesregierung muss insbesondere die Digitalisierung der Verwaltung endlich konsequent in Angriff nehmen und dabei auf neue Technologien wie Blockchain und KI setzen“, so Süme.

Die Delegationsreise habe zudem einmal mehr gezeigt, wie entscheidend es ist, dass Deutschland endlich den raschen Ausbau leistungsfähiger digitaler Infrastrukturen angehe und Forschung und Entwicklungen im Bereich neuer Technologien wie beispielsweise KI und Blockchain massiv fördert. „Wer auf dem Weltmarkt der Digitalisierung bestehen will, muss jetzt endlich klotzen, wenn wir die Versäumnisse der Vergangenheit noch aufholen wollen“, so Süme abschließend.

Weitere interessante Berichte rund um die Reise gibt es unter www.wiwo.de/futureboard. Zudem schildern WirtschaftsWoche-Herausgeberin Prof. Dr. Miriam Meckel und CIO Léa Steinacker in einem Podcast direkt aus China ihre Eindrücke.

Foto: Gráinne Quinlan für WirtschaftsWoche

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