EU-Gerichtshof kippt Ausnahmen von Verbot bienenschädlicher Pestizide

Das Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 19. Januar 2023 entschieden, dass den EU-Ländern keine befristeten Ausnahmen für verbotene, für Bienen schädliche Neonicotinoid-Pestizide bzw. für die Verwendung von mit diesen Pestiziden behandelten Saatguts mehr gewährt werden dürfen.

Das Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 19. Januar 2023 entschieden, dass den EU-Ländern keine befristeten Ausnahmen für verbotene, für Bienen schädliche Neonicotinoid-Pestizide bzw. für die Verwendung von mit diesen Pestiziden behandelten Saatguts mehr gewährt werden dürfen.

Das Urteil erging im Anschluss an eine Klage der Umweltorganisationen Pesticide Action Network (PAN) Europe und Nature & Progrès Belgium zusammen mit einem belgischen Imker vor dem belgischen Verwaltungsgericht. Die KlägerInnen wollten erreichen, dass die von Belgien erteilten Ausnahmeregelung für die Verwendung solcher Insektizide bei Zuckerrüben für nichtig erklärt werden.

Die fraglichen Pflanzenschutzmittel – Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxam – gehören zu einer Klasse von Pestiziden, die als Neonicotinoide bekannt sind, die chemisch dem Nikotin ähneln und gegen Insekten wirken. Neonicotinoide sind in den letzten Jahren in die Kritik geraten, weil sie zum Rückgang der Bienenpopulation beitragen, indem sie ihren Orientierungssinn, ihr Gedächtnis und ihre Fortpflanzungsweise beeinträchtigen.

2013 verhängte die Europäische Kommission Teilbeschränkungen für die Verwendung der Mittel auf bienenfreundlichen Kulturen, 2018 folgte ein Verbot für alle Anwendungen im Freien. Im Jahr 2021 bestätigte der EuGH die Rechtmäßigkeit des Verbots auf bienenfreundlichen Kulturen, nachdem Bayer, der Hersteller der Pestizide, Berufung eingelegt hatte.

Das jüngste Urteil betrifft sechs Genehmigungen, die der belgische Staat für die Verwendung dieser Pflanzenschutzmittel auf der Grundlage von „Notsituationen“ erteilt hat – Situationen, in denen Gefahren oder Bedrohungen für die Pflanzenproduktion nicht mit anderen angemessenen Mitteln eingedämmt werden können. Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigte, den Mitgliedstaaten zu gestatten, von einem solchen ausdrücklichen Verbot abzuweichen. Alle Mitgliedstaaten seien verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Schädlingsbekämpfung mit geringem Pestizideinsatz zu fördern, wobei nicht-chemischen Methoden, wann immer möglich, Vorrang eingeräumt werden sollte.

Einem aktuellen Bericht von PAN Europe zufolge haben die EU-Länder in den letzten vier Jahren über 236 Ausnahmeregelungen für verbotene Pestizide gewährt. Fast die Hälfte davon (47,5 Prozent) entfällt auf Neonicotinoide.

Das EuGH-Urteil (C-162/21) ist hier abrufbar: https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2023-01/cp230012fr.pdf